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Im siebten Canon-Himmel
- Veröffentlicht am 29. Juli 2014
5910 Gramm pures Glück. Glück in Form von zwei schwarzen und einem grauen Gehäuse. Die zwei schwarzen machen ein Geräusch, dass mein Herz höher schlagen lässt: "Klack". Das graue macht kleine Dinge ganz groß – oder vielmehr: holt weite Dinge ganz nah ran. Anfang Juli ging ein kleiner Traum in Erfüllung: Ganze vier Tage konnte ich mich mit Canons Top-Technik amüsieren und beherzt den Auslöser drücken. Dank eines Angebotes des Aachener Verleihs ac-foto.com erhielt ich bereits am Donnerstag, den 3. Juli, ein großes Paket, in dem eine schwarze Tasche steckte. Und als ich sie öffnete, kribbelten die Finger: Eine EOS-1D X, eine EOS 5D Mark III und das EF 200-400mm f/4L IS 1.4 Converter USM lächelten mir entgegen. Und los ging's!
Test im Tierpark
Am Freitag hatte ich frei und verbrachte den Tag im Berliner Zoo – wo sonst kann man die Schnelligkeit der 1D X besser testen als in der Tierfotografie. Zwölf Bilder pro Sekunde, das mutet fast schon wie eine Videosequenz an. Und wenn der Fotograf den Hals (oder die Speicherkarte) nicht voll genug bekommt, kann man auch noch auf 14 Bilder pro Sekunde hochschalten. Der Spiegelschlag wird dann deaktiviert, was den nachführenden Fokus außer Kraft setzt. Dabei bin ich schon verwundert gewesen, dass der Fokus des EOS-Flagschiffs selbst bei Zwölfertaktung noch hinterherkommt. Doch nun bin ich schlauer: er schafft es. Locker.
Ach ja, das Wetter konnte wunderbarer kaum sein: knalle Hitze, Sonne satt. Leider musste ich Sonnencreme und Getränke zu Hause lassen. War wohl auch gut so, denn ansonsten hätte der Rucksack mich geschleppt und nicht ich ihn. Stolze sechs Kilogramm wog allein die Mietausrüstung. Zusätzlich hatte ich noch meine EOS 7D und mein EF 100mm f/2.8L IS Macro USM dabei. Vorausschauend habe ich noch ein Eibeinstativ eingepackt, was sich als weise herausstellte und mir sicherlich starke Schmerzen in den Armen erspart hat. Denn das 200-400mm mit seinen 3,3 Kilogramm muss man erst einmal stemmen – und halten!
Test im Tierpark: Ein Einbeinstativ ist ratsam
Etwas träge ging es im Zoo dann leider schon zu und nicht alle Tiere waren in Action-Laune. Auch dummes Rumhampeln am Gehegerand brachte mir maximal ein müdes Gähnen der Tiere ein. Aber umsonst hatte ich die schwere Tasche nicht mitgeschleppt: An dem einen oder anderen Gehege war dann zum Glück doch noch einiges los: Enten planschten wie durchgeknallt auf einem Teich (ich neidisch!), der Wolfsnachwuchs machte den Eltern das Futter streitig (ich hungrig) und auch bei den Affen tollten die Jüngsten durch's Gehege, bis die Eltern einschreiten mussten – das hat mich dann doch ziemlich an uns Menschen erinnert...
Das 200-400mm mit eingebautem Telekonverter ist eine Optik, die ganz auf die Wünsche der Tier(foto)freunde ausgerichtet ist: Entweder Lichtstärke oder verlängerte Brennweite. Muss ich noch mehr sagen?
Der Vorteil des 200-400mm: Entscheidung zwischen Lichtstärke oder Brennweite
Die EOS-1D X und das 200-400mm-Telegeschoss machten durchweg einen erstaunlichen Eindruck – auch bei den anderen Zoo-Besuchern. Stellenweise wurde ich mehr angestarrt und bestaunt als die Tiere, um die es ja eigentlich ging. Nun ja, jetzt kann ich nachvollziehen, wenn es heißt "sich wie im Zoo fühlen". Das Teleobjektiv ist mit ungefähr 56 cm inklusive Streulichtblende ja nun auch nicht unbedingt das, was man kompakt nennt. Aber Qualität hat ja nun auch seinen Preis. A propos Preis: Kaufen kann ich mir das gute Stück leider (noch) nicht. Mit einem Listenpreis von rund 11.800 Euro spielt diese Luxus-Linse einfach in einer anderen Liga. Doch was man dafür geboten bekommt, das stimmt schon mal...
Am darauffolgenden Tag, Sonnabend, ging es direkt weiter in den Tierpark Berlin. Auch hier wieder fröhliches Geschleppe, das am Ende aber belohnt wurde. Wie üblich hielt ich mich einen Großteil der Zeit bei den Tigern auf, die gegen Abend hin immer agiler wurden. Die Katzenbären, auch als Rote Pandas bekannt, waren leider etwas unkooperativ, da sie überwiegend im Blätterdickicht verschwanden und dort Nickerchen machten. Da man an diese trotz allem recht nah herankommt, kann man die Tiefenschärfe des Teles voll auskosten. Näher als zwei Meter braucht man an sein Motiv eh nicht heran, da dann die Naheinstellgrenze unterschritten wird. Bewegt man sich aber ungefähr in dem Bereich, entfaltet die Linse mit ihren satten 12,8 Zentmetern Durchmesser eine fantastische Wirkung – und Blätter im Vordergrund verwischen in einem sattgrünen Schleicher.
Stichwort "satt": Die Farben werden äußerst präzise und fein aufgelöst auf den Sensor projiziert. Auch in der Schärfe hat Canon gut "gewürzt". Scharfe Kanten sind wirklich knackig scharf. Selbst bei millimeterbreiter Schärfentiefe. Genauso will man das haben. Vergleiche ich das mit meinem EF 100-400mm f/4.5-5.6L IS USM, möchte ich jenes fast im Schrank verstauben lassen. Ging nur leider nicht, musste das 200-400mm ja wieder abgeben. So'n Mist!
Am Sonntag musste ich zwar wieder arbeiten (das Leid der Journalisten – immerhin wollen die Leser ja eine Zeitung im Kasten haben), doch der Vormittag war frei. Da ich natürlich keine Zeit verschwenden wollte, bin ich in den Steglitzer Stadtpark gegangen und habe mich dort an Blüten und Bienen, Enten und Blesshühnern sowie an den zwei Reihern, die an einem der vier Teiche fischten, ausgetobt. Gerade bei letzterem konnte ich die Möglichkeiten, die das 200-400mm bietet, voll auskosten: Kam ich nah an den schattig sitzenden Reiher ran, nutze ich die Lichtstärke von f/4. Saß der Vogel auf dem kleinen Entenhäuschen mitten im Teich, holte ich ihn per Telekonverter näher heran. Mit viel Geduld konnte ich Fotos von der Jagd und vom Flug machen. Auch einen Graureiher, der es sich in der Krone einer Weide gemütlich macht, das habe ich vorher noch nie gesehen. Auch hier habe ich die Fähigkeiten des 200-400mm angehimmelt.
Am Montag dann war das Ende meines langen Test-Wochenendes gekommen. Dennoch nutze ich die letzten Stunden am Vormittag noch einmal im Stadtpark aus und fotografierte wieder die Tierwelt dort. Mit viel Wehmut – ich hatte die EOS-1D X und das 200-400mm äußerst lieb gewonnen – packte ich anschließend alles wieder zusammen und schickte es im großen Paket zurück nach Aachen. Ein tolles Fotowochenende ging zu Ende. Doch die Eindrücke und Fotos, die bleiben – sowie der unendlich große Spaß, den mir diese tolle Technik geboten hat.
Fazit:
Fokus und Stabilisator sind die großen Stärken des Objektivs
Das Angebot, das hat sich wirklich gelohnt, denn was da im großen Paket mit Express-Lieferung ins Haus kam, hat mir wahrhaftig das Foto-Leben versüßt. Leider hat es aber auch einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen: Denn wenn man einmal mit einer solchen Technik gearbeitet hat, will man sie gar nicht wieder hergeben. Es ist nicht einfach nur Komfort oder blanker Größenwahn, weil man plötzlich bis zu 14 Bilder pro Sekunde über den Sensor jagen kann, sondern weil man auch schnell lernt, mit diesen Kaliebern richtig umzugehen. Es geht nicht darum, einfach draufzuhalten und einmal im "Abenteuer Dauerfeuer" um sich zu schießen, sondern im richtigen Moment bewusst abzudrücken und letztendlich die Trefferquote zu erhöhen und genau den einen Moment zu erwischen, den man sich vom Motiv erhofft hat.
Das Tele, ja das macht schon Eindruck. Doch letztendlich schleppt man auch mächtig Gewicht mit sich herum. Aber es ist die atemberaubende Qualität, die hier letztlich zählt und die vergleichsweise hohe – und durchgehende Lichtstärke – die den Reiz der Linse ausmachen. Was die Maße angeht: Ja, es ist schon recht groß, doch nimmt man die Streulichtblende ab, lässt es sich sogar in einen großen Standard-Rucksack quetschen.
Canon hat hier ganze Arbeit geleistet. Nur über den Preis, über den könnte man nochmal reden...
Ausfühliche Testberichte werden noch in den "Erfahrungsberichten" folgen.