Blog
Erlebnisse in Auschwitz
- Veröffentlicht am 01. April 2014
Im Februar hatte ich das zweite Mal die Chance, die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz zu besuchen. Die eintägige Tour war von der Axel-Springer-Akademie organisiert worden. Meine erste Auschwitz-Fahrt fand bereits 2008 statt, ist also schon sechs Jahre her. Damals lag Schnee und es war bitterkalt. Dieses mal war es sonnig bis bewölkt und windig-kühl. Eine seelisch belastende und fotografisch anspruchsvolle Herausforderung.
Der Tag begann um 09:00 Uhr am Flughafen Berlin-Tegel. Dummerweise mit verknackstem Nacken - beste Voraussetzung für einen langen Tag, an dem man ca. 10 Kilogramm Ausrüstung mit sich herumträgt. Aber für die (zeitlich) eingeschränkten Möglichkeiten nimmt man das auch mal in Kauf - uns dann gibt es ja noch Wärmepflaster.
Nach der Landung in Krakau ging es mit dem Bus direkt nach Auschwitz I - das Stammlager. Hier empfing uns ein Guide, der uns über das Gelände führte und mit Informationen versorgte. Man kann für sich entscheiden, wie man Auschwitz erleben will - oder besser, wie man herangehen möchte. Denn am Ende ist das Gefühl immer beklemmend und erschütternd gleich. Entweder, man nähert sich dem Thema durch die sachlich vermittelten Informationen und die Exponate oder man sucht sich - wie ich - den individuellen Zugang "durch die Linse" - und stößt schnell auf viele Details, die das Herz erschüttern.
In den ehemaligen Baracken kann man viele Dokumente und Exponate ansehen. Deportationslisten, Koffer, Schuhe, Berge an menschlichem Haar. Jeder erlebt in Auschwitz seinen persönlichen "Breaking Point" - der Punkt, an dem man seine Emotionen nicht mehr zurückhalten kann. Es ist der Punkt, an dem einen die Grausamkeit der Nationalsozialisten mit erschreckender Macht bewusst werden. Für mich ist dies der Raum, in dem die Schuhe und Koffer ausgestellt sind: dort steht eine zusätzliche Vitrine, in der die Überreste der Kinder liegen: Schuhe, Hosen, Jacken mit kleinen Ärmeln. Und eine zerbrochene Puppe.
Um die Anlage herum zieht sich Stacheldraht. Kalter, schwarzer Stacheldraht in zwei Reihen. Zwischen ihnen wurden früher die Gefangenen entlang getrieben. Ein Ausbrechen war nicht möglich. Verrostete Schilder warnen noch heute: "Vorsicht, Hochspannung, Lebensgefahr!"
In der zweiten Tageshälfte fuhren wir weiter nach Birkenau - Auschwitz II, wo der Massenmord an über einer Million Menschen exerziert wurde. Vom Turm des Lagertors aus bekommt man einen guten Eindruck, welche immensen Ausmaße der Komplex besitzt. Ein Besucher hinterließ eine Rose in der Halterung vor dem Fenster.
Wir liefen durch das Lager und kamen schließlich an der Zentralsauna an, in der die arbeitsfähigen Gefangenen ihrer Habseligkeiten beraubt wurden, bevor sie in das Lager kamen. Die, die nicht mehr von den Nazis ausgebeutet werden konnten, wurden direkt in die Gaskammern geführt. Von denen sind nur noch Ruinen übrig, da sie vor der Ankunft der Roten Armee gesprengt wurden.
Eine ausstellung in der Zentralsauna zeigt alte Fotos der Opfer. Für diesen Raum sollte man sich genügend Zeit einplanen - er gibt den Opfern ein persönliches Gesicht.
Auf dem Rückweg waren die Gesichter in der Gruppe bedrückt und teilweise auch mit Tränen besetzt. Der Besuch in Auschwitz hinterlässt Spuren - sichtbar und unsichtbar. Vorbei an der ehemaligen Krankenbaracke, in der Josef Mengele seine pseudomedizinischen Experimente durchführte, führte uns der Weg zum Ausgang.
Nach einem Abendessen und einer Gesprächsrunde in der Jugendbegegnungsstätte Oświęcim fuhr uns der Bus zurück zum Flughafen. Bedrückte Stimmung, bedrückte Gesichter. Meine Speicherkarte war voller Bilder, auf denen ich versucht habe, mein Gefühl beim Gang durch Auschwitz festzuhalten. Die Fotos findet ihr in der Bildergalerie.
>> Weitere Bilder in der Bildergalerie
>> Bilder aus 2009